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Trans-In Stärkung Adaptiver Leadership

Vier Ansätze zur Stärkung Adaptiver Leadership

Adaptive Leadership bekommt zunehmende Bedeutung. Führungskräfte, die sich wenig oder zu langsam anpassen, verlieren nicht nur Kunden, sondern auch talentierte Mitarbeitende. Wer sich in den folgenden vier Ansätzen übt, stärkt seine Zukunftsperspektive:

  • Veränderungen und Niederlagen akzeptieren
  • Kognitive Flexibilität erhöhen
  • Emotionale Flexibilität fördern
  • Haltungsmässige Flexibilität stärken

Wir erfahren es tagtäglich: Physische Treffen werden auf den online-Kanal verlegt, die Gesundheitsbehörde zwingt uns zur Schliessung der Verkaufslokale etc. Adaptive Leadership wird immer mehr zur überlebensnotwendigen Kompetenz: Die Fähigkeit sich rasch an veränderte Umstände anzupassen und flexibel auf die unterschiedlichsten Anforderungen einzugehen, ist für Leader entscheidend. Mit Ihrem Denken und Handeln prägen Sie die ganze Unternehmung auf strategischer, organisatorischer, kultureller und persönlicher Ebene.

Anhand folgender Beobachtungen können Sie sich selbst auf die Schliche kommen, inwiefern Sie sich in adaptiver Leadership stärken sollten:

  • Verbesserungsvorschlägen und neuen Herangehensweisen gegenüber reagieren Sie skeptisch und wehren diese mehrheitlich ab
  • Sie bekommen wiederholt Feedback, dass Sie Ihr Vorgehen sehr einseitig sei
  • Es kostet Sie viel Überwindung und Aufwand, sich auf alternative Problemlösungen einzulassen
  • Auch wenn rasche Entscheidungen gefordert sind, benötigen Sie mehrfache Rücksprachen mit anderen
  • Sie machen die Erfahrung, dass Sie immer wieder in bestimmten Situationen oder mit bestimmten Menschen anstehen

Wenn Sie bei der einen oder anderen Aussage zustimmen, werden Sie in diesem Artikel hilfreiche Ansatzpunkte zum Training in Adaptabilität finden.

Forschungen der George Mason University und des Centers for Creative Leadership zeigen, dass erfolgreiche Adaptabilität aus drei Komponenten besteht: Kognitive Flexibilität, emotionale Flexibilität sowie haltungsmässige Flexibilität. Allen Komponenten liegt Akzeptanz zu Grunde.

Akzeptanz: Veränderungen – insbesondere schmerzhafte – annehmen

Wir alle kennen herausfordernde Ereignisse und Situationen, die uns echt Mühe bereiten: Aus scheinbar heiterem Himmel kündigt ein zentraler Leistungsträger, ein Unwetter zerstört den Grossteil einer Produktionsanlage, das IT-System wird gehackt und wir werden erpresst, in unserem privaten Umfeld stirbt eine nahestehende Person etc..

Der reflexartige Umgang mit etwas Unangenehmen ist, dass wir uns davon abwenden, dass wir dem Schmerzhaften ausweichen. So erlebe ich z.B. immer wieder, dass sich in harten personellen Entscheidungen Führungskräfte zurücknehmen und Kündigungsgespräche Human Resources Partnern überlassen. Tief in uns drin wissen wir jedoch, dass sowohl Siege, Erfolge und Glück als auch Niederlagen, Misserfolge und Verlust zum Leben gehört: Ein erfülltes Leben darin besteht, auf diesen ganz unterschiedlichen Wellen zu surfen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir einen fruchtbaren Umgang mit dem Schwierigen lernen. Und dieser beginnt mit Hinwenden und Annehmen. Akzeptanz können wir deshalb als die Fähigkeit verstehen, aufrichtig, offen, nicht urteilend und bejahend sich auf eine Situation einzulassen. Oft ist es ein längerer Prozess, bis wir die neuen Umstände annehmen können.

Obwohl wir Leader viele Entwicklungen und Veränderungen selbst bewirken, sind wir in der Rolle des Empfängers gefordert, Veränderungen anzunehmen: Immer mal wieder fällt es uns schwer, das zu akzeptieren, was anderswo ausgelöst wurde. In Situationen, in denen wir mit eigenen knappen Ressourcen kämpfen, ist es umso anspruchsvoller, Schwieriges anzunehmen. Hier hilft ein Verdauungsprozess in Dosen: Kurze Zeiteinheiten zur Reflektion alleine oder mit einem Sparringspartner im Business oder mit einem Executive Coach.

Zudem hilft uns, zu unterscheiden, wo wir Einfluss nehmen können und wo wir keinen Einfluss haben. Der amerikanische Theologe Reinhold Niebuhr bringt dies im folgenden Gebet auf den Punkt:

«Gib mir die Gelassenheit,
Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.»

Dabei gilt es, die innere Stabilität zu stärken. Der bekannte Neurobiologe Dan Siegel beschreibt die Fähigkeit des Gehirns sich selbst zu regulieren als Integration. Im integrierten Zustand ist das Nervensystem mit Gehirn und Körper fliessend und flexibel verbunden. Haben wir jedoch die Mitte verloren und werden von Veränderungen übermannt, können wir entweder in eine innere Starrheit verfallen oder wir neigen zum Kontrollverlust. In unseren Coaching-Sitzungen leiten wir unterschiedliche Körper-Übungen an, um Integration zu fördern, so dass mehr Fluss entstehen kann. Damit lösen wir sowohl rigide, festgefahrene Zustände als auch chaotisch erlebte Zustände wie emotionale Ausbrüche.

Kognitive Flexibilität: Schneller Informationen verarbeiten & kreativere Lösungen entwickeln

Kognitive Flexibilität bedeutet keinesfalls, dass Sie zu einem Wendehals mutieren sollten. Im Gegenteil, wie wir in einem nächsten Blog aufzeigen werden, ist die Orientierung an der Vision, respektive am eigenen Polarstern essentiell. Aber da wir Unwegsamkeiten, Umleitungen und anderen Unvorhersehbarkeiten auf unserer Reise begegnen, ist kognitive Beweglichkeit überlebensnotwenig. Es geht hier um die Fähigkeit, zwischen unterschiedlichen Denkweisen, Strategien, Modellen und mentalen Rastern zu wechseln.

Dass diese Wechsel uns oft schwerfallen, erleben Sie spätestens in Übungen des Improvisationstheaters: Innerhalb von Sekunden gilt es frei assoziierte Wort- oder Satzkombinationen zu kreieren und in allen möglichen und unmöglichen Situationen spontan zu reagieren. Als Teilnehmer von Standup Comedy-Trainings erlebe ich am eigenen Leibe die belebende Wirkung der Spontaneität: Alte Hirnbahnen werden umgangen und neue Verbindungen entstehen. Im Alltag lässt sich kognitive Flexibilität mit kleinen Routineänderungen wie Zähneputzen mit der unvertrauten Hand, mit dem Ausprobieren von neuen Arbeitswegen, veränderten Tagesabfolgen etc. trainieren. Die Verhaltenswissenschafterin Jennifer Verdolin empfiehlt zudem sich neuen Erfahrungen auszusetzen und neuartige Sportarten und exotische Küchen auszuprobieren oder andere Menschen z.B. in Sozialeinsätzen zu treffen. Unabhängig davon, welcher Ansatz uns anspricht, das Wichtigste ist, dass wir Spass am Üben haben und damit die eigene Wendigkeit und Lebendigkeit fördern!

Die Verhaltensforschung zeigt uns, dass eine verbesserte kognitive Flexibilität zu einer rascheren Identifikation und Verarbeitung von neuen Informationen führt, die Kreativität im Problemlösen erhöht und letztlich der effektive Umgang mit volatilen Situationen verbessert.

Emotionale Flexibilität: Gefühle wahrnehmen, benennen und konstruktiv lenken

Die Basis emotionaler Flexibilität ist, dass wir überhaupt Zugang zu unserem Gefühlsleben schaffen und uns mit der reichen Welt der Stimmungen, Befindlichkeiten, Sehnsüchte und den damit verbundenen tieferen Bedürfnissen verbinden. Im Geschäftsleben werden Gefühle leider zu oft verteufelt und mit rationalen Argumenten in die Softie-Kiste gesteckt. Der Effekt ist, dass wir den Zugang zum eigenen Kern verbauen und in der Führung verpassen, ganzheitlich auf Menschen einzugehen und sie für etwas Grösseres zu gewinnen. Kopfmenschen trennen Herz (Verbindung zu sich selbst und zu anderen) und Bauch (Intuition, Autonomie) ab, was ihr Charisma schmälert und damit auch ihre Wirkkraft.

Die Harvard Psychologin Susan David beschreibt den Nutzen emotionaler Flexibilität treffend: Statt uns von eigenen Erfahrungen und Gefühlen gefangen zu nehmen, unser Leben schrumpfen zu lassen und die Beziehungen zu anderen zu vernebeln, können wir von ihnen lernen, die inneren Zeichen besser erkennen, annehmen und letztlich zielführend handhaben.

Statt Frustrationen, Ärger, Scham, Trauer etc. zu ignorieren, verdrängen oder impulsiv auszuagieren, geht es im Training emotionaler Flexibilität darum, die eigenen Gefühle wahrzunehmen. Wie intensiv die Emotion auch immer ist, Sie können davon ausgehen, dass zu genau diesem Zeitpunkt zehntausende anderer Menschen denselben Zustand erleben. Die Psychologin Kristin Neff nennt dies «common humanity». Damit kapseln wir uns nicht vom unangenehmen Gefühl ab, sondern wir verbinden uns mit uns selbst und damit auch mit unserem Umfeld. Exzellente, emotional kompetente Coachs können Ihnen unmittelbar spiegeln, welchen Zustand Sie nach aussen vermitteln. Dies ermöglicht Ihnen, eigene Empfindungen mit der Wirkung im aussen abzugleichen, umso das Gefühls-Vokabular auszubauen.

Je geschickter Sie im Erkennen Ihrer unterschiedlichen emotionalen Zustände werden, desto mehr Möglichkeiten werden sich Ihnen bieten, diese handzuhaben. In der Psychologie nennen wir dies Emotionsregulation. Den zwei instinktiven Reaktionen «nach aussen ausagieren» und «nach innen unterdrücken» bietet sich ein Mittelweg, der Zulassen heisst. Der Neurobiologe Dan Siegel erklärt mit «Name it to tame it», dass bereits im Benennen eines emotionalen Zustandes im Gehirn eine Entspannung ausgelöst wird. Damit entsteht jener benötigte Raum, um langsam alternative Reaktionen zu entwickelt. Aggressive Vorwürfe oder Beleidigungen oder vorschnelle Unterbrechungen münden dann in eine verbale Pause, welche anfänglich noch mit einem Faustballen einhergehen kann. Und über Zeit und mit viel Training kann eine impulsive, verletzende Reaktion in eine offene, verstehen-wollende Frage übergeleitet werden.

Haltungsmässige Flexibilität: Hinderliche Überzeugungen wandeln

Bei dieser dritten Form von adaptiver Leadership geht es um unsere innere Disposition. Wenn Sie mit Menschen zusammenarbeiten, die von starken Prinzipien geleitet sind, von denen nicht abgerückt wird, erleben Sie das Gegenteil von Flexibilität, nämlich Starrheit, Sturheit, Engstirnigkeit oder Rigidität. Wenn Sie sich selbst ertappen, oder wenn Sie das Feedback von anderen erhalten, dass Sie sich an enge oder fixe Überzeugungen klammern, dann haben Sie einen klaren Hinweis darauf, dass Ihre haltungsmässige Flexibilität gefordert ist. Sie können die Rückmeldung als Einladung sehen, Ihre Überzeugungen näher zu untersuchen. Hinderliche Überzeugungen können z.B. sein: «Mitarbeitende müssen im Homeoffice regelmässig kontrolliert werden; Wer Konflikte anspricht, ist ein Unruhestifter; Kritik ist ein Angriff gegen mich; Wer Fehler eingesteht, ist schwach etc.»

Wenn Sie mit einem Executive Coach an Ihren bremsenden Überzeugungen arbeiten, wird es in einem ersten Schritt darum gehen, sämtliche Vorteile aufzulisten, die damit verbunden sind. Denn Ihre persönliche Erfahrung hat Sie dazu bewogen, diesen Belief in sich zu etablieren und dies will anerkannt werden. Weiter werden Sie daran arbeiten, welche alternativen, förderlichen Überzeugen entwickelt werden können, um künftige Herausforderungen zu meistern. So habe ich in einem Executive Coaching einen Leader erlebt, der – aus seiner Kindheit heraus – einen Belief entwickelt hat, dass Eigenlob stinkt und dass nur ein absolut harter, fordernder Umgang mit sich selbst, zum Erfolg führt. Das Resultat war ein körperlicher Zusammenbruch. Intensive Arbeit über 1,5 Jahre haben dazu geführt, dass er heute mit einem Freudenstrahlen über seine Stärken und seine Erfolge berichtet und eine stimmige Lebensbalance entwickelt hat.

Weiterführende Links

To Recover from Failure, Try Some Self-Compassion (hbr.org) (Christopher Germer Januar 2017)

Integration: A Central Process in the Journey to Thriving – Garrison Institute (Juni 2018)

14 Signs Of An Adaptable Person (forbes.com) (September 2015)

Adaptability: Responding Effectively to Change – Allan Calarco, Joan Gurvis – Google Books (2006)

Die Grenzen der kognitiven Flexibilität (humanresourcesmanager.de) (November 2013)

3 Ways to Improve Your Cognitive Flexibility | Psychology Today (Dezember 2019)

Frontiers | Flexible Emotion Regulation: How Situational Demands and Individual Differences Influence the Effectiveness of Regulatory Strategies | Psychology (frontiersin.org) (Februar 2019)

Susan David, Ph.D. (2017)